
«Verschwendung ist mir nach wie vor zuwider.» Rebecca S. lacht. Noch immer kaufe sie am liebsten Occasionen und achte beim Einkaufen auf Aktionen. «Das gebe ich auch meinen Kindern weiter.» Es liege ihr am Herzen, dass Noah und Nico auch jetzt, wo sie in einer privilegierteren Lage sind, bewusst leben und das Geld zu schätzen wissen. Aber die Familie muss nicht mehr ganz so präzis planen. «Ich kann den beiden auch mal einen Extrabatzen geben. Einfach so.» Das wissen die beiden Jungs sehr zu schätzen. «Ich freue mich aber auch darüber, dass meine Mutter sich ab und zu mal was leistet», so Nico. Sei es ein neuer Pullover, eine Massage oder eine Maniküre: «Früher hat sie das nie gemacht.» Er lacht. «Neulich hat sie sich tatsächlich einen Hamster gekauft. Als sie mir am Telefon davon erzählt hat, dachte ich, sie meine ein Stofftier. Aber dann hat sie wirklich einen Hamster heimgebracht!»
«Ich freue mich darüber, dass meine Mutter sich ab und zu mal was leistet. Früher hat sie das nie gemacht.»
Nico, 13 Jahre
Seit einem Jahr verdient Rebecca S. gut – sie arbeitet fast Vollzeit.
Nico besucht die zweite Oberstufe einer öffentlichen Sekundarschule, sein älterer Bruder Noah die dritte Oberstufe einer Privatschule. Die Wahl von Noahs Schule war nicht ganz freiwillig: «Von mehreren Seiten her ist mir für Noah eine Schule mit Kleinklassen ans Herz gelegt worden», erzählt Rebecca. Damit war für sie die Sache klar: «Ich habe immer Wert darauf gelegt, den Kindern die bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Diesbezüglich habe ich nie gespart.» Dass Nico auf eine «normale» Schule geht, zieht keine finanziell unterschiedliche Behandlung der Brüder nach sich. «Noah kann ja nichts dafür, dass die öffentliche Schule seinen Bedürfnissen nicht optimal entspricht.» Doch die monatlich 1500 Franken Schulgeld schmerzen – auch jetzt noch.
«Ich habe immer Wert darauf gelegt, den Kindern die bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. Diesbezüglich habe ich nie gespart.»
Rebecca S.
Rebecca S. ist äusserst bedacht auf Gerechtigkeit: Beide Kinder bekommen monatlich 240 Franken Jugendlohn. «Davon müssen wir unsere Kleidung, das Schulmaterial, drei auswärtige Mittagessen, sämtliche Pflegeprodukte und den Coiffeur bezahlen», erzählt Noah. Versicherungen, das Schulgeld, aber auch die Kosten fürs Handy, Winterkleidung und -schuhe, Sportutensilien und ÖV übernimmt ihre Mutter. Unterschiede gleicht sie aus. Noah muss zum Beispiel zweimal wöchentlich auswärts essen, während Nico mittags heimkommen kann. Rebecca ist der Ansicht, dass auch Nico das Anrecht hat, mit Freunden essen zu gehen. Deshalb zahlt sie auch ihm Essensgeld. Das entlaste auch sie selbst. «Ich bin froh, wenn ich nicht jeden Abend vorkochen muss», erklärt die 40-Jährige, die mittags nicht heimkommen kann – im Gegensatz zu Nico, der das Essensgeld oft spart und trotzdem zu Hause isst: «Ich mache mir dann meist einfach ein Sandwich», so der 13-Jährige.
«Mein Bruder und ich bekommen pro Monat 240 Franken Jugendlohn. Davon müssen wir unsere Kleidung, das Schulmaterial, drei auswärtige Mittagessen, sämtliche Pflegeprodukte und den Coiffeur bezahlen.»
Noah, 15 Jahre
Nico gibt sein Geld vorzugsweise für Sneakers aus, sein zwei Jahre älterer Bruder Noah für Computer.
Überhaupt ist Nico der Sparsamere der beiden Brüder. «Meist bleiben mir am Monatsende 30 bis 40 Franken übrig», erzählt er. Momentan spart er auf ein neues Handy – «am liebsten ein iPhone 16, aber das muss nicht unbedingt sein». Sein altes Mobiltelefon hat er versehentlich fallen gelassen – «das passiert mir nicht noch einmal!» Ansonsten gibt er am meisten Geld für Markenkleidung und trendige Sneakers aus. «Das ist mir einfach wichtig.» Noah kann weniger gut mit Geld umgehen, wie er selbstkritisch einräumt. «Es gelingt mir einfach nicht zu sparen», sagt er zerknirscht und verrät: «Mein erster Jugendlohn war bereits nach drei Tagen weg. Da wollte ich das Sackgeld zurück!» Die grösste Herausforderung für ihn: Online-Shopping. «Die Jungs können ihre Bankkarten zwar nicht überziehen, aber sie können natürlich auf Rechnung bestellen.» Noch immer ist der Umgang mit Geld schwierig für Noah: «Aber ich gebe mir Mühe.» Zum Glück könne er auf die Unterstützung seiner Mutter zählen.
«Mein erster Jugendlohn war bereits nach drei Tagen weg. Da wollte ich das Sackgeld zurück!»
Noah, 15 Jahre
Nicht einfacher macht es, dass die meisten seiner Freunde bereits in der Lehre sind und mehr Geld als er zur Verfügung haben. Manchmal bittet er seine Mutter um einen Zustupf. «Dann twinte ich ihm halt was», gesteht Rebecca. Oder sie drücke ihm für einen Chilbi- oder Konzertbesuch ungefragt eine Geldnote in die Hand. «Durch meinen neuen Lohn bin ich weniger streng als früher.» Noah selbst sucht derzeit eine Lehrstelle für nächsten August – am liebsten als Motorradmechaniker. Sein grösster Wunsch: ein eigener Töff. Er hofft, dass sich der Lehrbetrieb an den Kosten für den Führerausweis beteiligt. «Und vielleicht unterstützt mich mein Opa, er ist selbst ein grosser Motorradfan. Aber einen Teil werde ich natürlich selbst berappen müssen.» Gelegentlich verdient sich der 15-Jährige etwas Geld dazu. «Im Moment hüte ich zum Beispiel die Katze meiner Grossmutter», erzählt er. Auch seinem Grossvater hat er schon geholfen, «bei der Jungbaumpflege. Und ab und zu verkaufe ich Sachen von mir, die ich nicht mehr brauche.»
Noah bewirbt sich zurzeit für eine Lehrstelle als Motorradmechaniker. Kommenden Frühling absolviert der 15-Jährige einen Intensivsprachkurs im Ausland.
Nächsten Frühling absolviert Noah einen sechswöchigen Intensivsprachkurs in San Diego. Kostenpunkt: rund 10’000 Franken. «Alleine das Visum kostet 500 Franken», seufzt Rebecca. Aber für sie steht ausser Frage, dass sie den Wunsch ihres Sohnes unterstützt und vollumfänglich finanziert. «Man kann nicht genug in eine gute Ausbildung investieren», ist die überzeugt. Neben der Bildung sind ihr auch sportliche Aktivitäten wichtig. Beide Söhne gehen viermal wöchentlich zum Unihockey. «Bewegung und soziale Kontakte sind in meinen Augen unverzichtbar – gerade als Ausgleich zum vielen Rumsitzen und Gamen.» Noah gamt nicht nur gern, sondern investiert auch Geld und Zeit in seinen Computer. «Ich hatte ursprünglich sogar überlegt, eine Ausbildung zum Informatiker zu machen», erzählt er. Doch seine Liebe zu Motorrädern hat schlussendlich gesiegt.
«Bewegung und soziale Kontakte sind in meinen Augen unverzichtbar – gerade als Ausgleich zum vielen Rumsitzen und Gamen.»
Rebecca S.
Die beiden Brüder gehen viermal wöchentlich zum Unihockey.
Gemeinsame Zeit ist der Familie heilig.
Etwas anderes hingegen möchten die zweifache Mutter nicht missen: das Reisen. «Reisen bildet mehr als Schule», ist Rebecca überzeugt. Schon immer hat sie Wert darauf gelegt, ihren beiden Söhnen fremde Kulturen näherzubringen. So waren sie als Familie schon in Thailand, Malaysia und Jordanien. «Ich habe ein Talent dafür, günstige Flüge zu finden», sagt Rebecca und lacht. Nicos grosser Traum ist eine Reise nach Japan. «Aber das liegt auch jetzt noch nicht drin», erklärt Rebecca. Und ergänzt nach kurzem Überlegen: «2025 fällt das Schulgeld weg. Dann nehmen wir das Projekt Japan in Angriff.»
Wir verwenden Cookies, um sicherzustellen, dass wir Ihnen die beste Erfahrung auf unserer Webseite bieten können. Alle Details entnehmen Sie der Datenschutzerklärung.