Die Grenzen des Jugendlohns

Mit dem Jugendlohn Kindern den Umgang mit Geld beibringen

Jan Krumnacker 4 Minuten

Der Jugendlohn steuert dazu bei, dass Kinder den Umgang mit Geld erlernen. Nur was, wenn das Geld zu wenig wird? Und wie gehen Eltern am besten vor, wenn ein Lehrlingslohn dazu kommt? Um Spannungen in der Familie zu vermeiden, hilft es als Eltern Grenzen aufzuzeigen.

Mit dem Jugendlohn gezielt Lebenskosten selbst übernehmen

Das Prinzip des Jugendlohns ist einfach erklärt: Eltern zahlen ihren Kindern eine fixe monatliche Summe Geld, mit der die Kinder fortan gewisse anfallenden Lebenskosten selbst tragen. Neben Freizeitausgaben muss der oder die Jugendliche nun auch für eigene Lebenskosten, wie zum Beispiel Kleider oder das Handy-Abo, aufkommen.

Unter- und Obergrenzen des Jugendlohns kennen

Die Höhe des Jugendlohns sollte sich stark von der des Sackgelds unterscheiden. Schliesslich muss der Teenager mit einem Jugendlohn deutlich mehr Dinge selbst bezahlen. Mit einem grösseren Betrag hat das Kind am Ende des Monats unter Umständen auch einen kleinen Batzen zum Sparen übrig, das fördert den Sinn für die eigene Finanzplanung.

Der Jugendlohn sollte aber tiefer sein als ein späterer Lehrlingslohn – die Teenager brauchen schliesslich einen Anreiz zur Ausbildung. Um den geeigneten Betrag festzulegen, sollten Eltern festhalten, was sie für das Kind bisher ausgegeben haben. Es ist wichtig einen Betrag zu wählen, der einerseits die Grundbedürfnisse deckt, aber auch ins Familienbudget passt. Eine Vorlage für die Berechnung des Jugendlohns und weitere hilfreiche Unterlagen finden sich hier.

Konkrete Vorgaben zur Höhe des Jugendlohns gibt es dennoch nicht. Schliesslich soll die Summe wie bereits erwähnt ins Familienbudget und zu den individuell vereinbarten Bedingungen passen.

Familie Zuberbühler aus dem Kanton Luzern folgt beispielsweise bei ihren beiden Söhnen einer einfachen Regel: Der monatliche Jugendlohn berechnet sich nach dem Alter – jeweils mit einer Null angehängt. Was der Nachwuchs mit diesem Geld alles selbst bezahlen muss, erzählen die Familienmitglieder in dieser Reportage.

Der Umgang mit Geld erfordert einen Lernprozess

Kommt der Jugendliche mal nicht mit seinem Jugendlohn aus, sollten Eltern nicht verzagen. Bei der Budgetplanung handelt es sich für den Nachwuchs um eine neue Aufgabe.

Falsch ist es, in solchen Situationen das Erziehungsmodell zu hinterfragen oder mit einer Aufstockung finanzielle Lücken zu stopfen. Das Kind darf auch mal Fehler machen – es befindet sich im Lernprozess. Denn nur wer Fehler macht, kann in der Zukunft daraus lernen, rät der Verein Jugendlohn. «Hat ein Kind eine Fehlentscheidung getroffen, sollten Eltern und Erziehungsberechtigte es dabei unterstützen, eine angemessene Lösung zu finden. Zum Beispiel kann es versuchen, einen Fehlkauf zurückzubringen oder einen Fehlkauf umzutauschen oder weiter zu verkaufen. Eltern sollten nicht mit Geld aushelfen und so das Problem beheben», sagt Nicole Gysin, Vize-Präsidentin des Vereins Jugendlohn.

Kurzinterview mit Joanna Herzig, Präsidentin des Vereins Jugendlohns

In welchen Situationen kommt es dazu, dass der Jugendlohn nicht reicht?

Zu Beginn des Jugendlohns kann es zu Schwierigkeiten bei der Einteilung des Geldes kommen. Die Jugendlichen müssen lernen voraus zu planen, das Geld einzuteilen und Konsumwünsche aufzuschieben. Es ist sinnvoll, dass die Erziehungsberechtigten das Kind gut begleiten und ihm bei seinen Kaufüberlegungen zur Seite stehen. Es kann auch vorkommen, dass Jugendliche plötzlich enorme Konsumwünsche entwickeln. Dann gilt es, konsequent zu sein und zu versuchen, mit dem Kind eine Lösung zu finden. Das Kind kann sich zum Beispiel einen Zusatzjob suchen und sich so seinen Jugendlohn aufbessern. Oder die Eltern können mit dem Kind versuchen, zu analysieren, woher die Konsumwünsche kommen und wie sie vielleicht mit weniger Geld erfüllt werden könnten. Wir raten den Eltern (ausser in Notfällen) davon ab, dem Kind zusätzliches Geld zu geben oder Geld auszuleihen. Denn wichtig ist, dass die Kinder lernen mit dem Geld, das sie zur Verfügung haben, auszukommen.

Wie sollten Eltern im Fall von Fehlkäufen oder Fehlentscheidungen am besten vorgehen?

Fehlkäufe und Fehlentscheidungen gehören dazu. Erziehungsberechtigte sollen versuchen dem Kind, ohne zu werten, bei Seite zu stehen und es bei Lösungen zu unterstützen. Zum Beispiel kann zusammen überlegt werden, wie das Kind zu einem Zusatzbatzen kommt, wo es Kosten sparen könnte oder ob es den Artikel evtl. wieder verkaufen oder zurückbringen kann. Auch hier sollten die Eltern dem Kind kein zusätzliches Geld geben nur so kann das Kind aus seinen Fehlern lernen.

Was sind die häufigsten Fehler, die Eltern beim Jugendlohn vermeiden sollten?

Viele Eltern und Erziehungsberechtigte trauen ihren Kindern ab 12 Jahren noch nicht zu, mit dem Jugendlohn umzugehen. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass Jugendliche ab 12 Jahren sehr wohl in der Lage sind, selber mit Geld umzugehen und Kaufentscheidungen zu treffen. Sie sind sehr stolz auf den Jugendlohn und auf sich. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und gibt ihnen Sicherheit in ihren Finanzentscheidungen. Bereits ein paar Jahre später wird es schwieriger. Die Jugendlichen haben vermehrt Konsumwünsche und befinden sich vielleicht bereits in der Pubertät. Zudem raten wir Eltern davon ab, den Jugendlohn gestaffelt abzugeben. Also in einem ersten Jahr zum Beispiel nur das Geld für Kleider. Und dann Schritt für Schritt für zusätzliche Kategorien. Denn beim Jugendlohn geht es eben gerade darum, dass die Jugendlichen lernen, sich das Geld einzuteilen. Und dass das Geld für verschiedene Kategorien reichen muss.

Wichtig ist, dass die Eltern ihr Kind in dem Lernprozess begleiten. Um es längerfristig beim Haushalten bestmöglich zu unterstützen, können Eltern mit ihm zum Beispiel auch Budget-Apps einrichten. Ein Beispiel hierfür ist die App vom Dachverband Budgetberatung Schweiz

Den Jugendlohn den Lebensumständen anpassen

Spätestens wenn das Kind eine Lehre beginnt, ist es an der Zeit, den Jugendlohn zu überdenken. Denn in der Regel löst der Lehrlingslohn den bisherigen Jugendlohn ab. Wählt das Kind einen weiteren Bildungsweg, wie zum Beispiel das Gymnasium oder beginnt ein Studium, kommen oftmals neue Kostenaufwände hinzu. Dazu gehören die Fahrtkosten oder das Mittagessen auswärts. Dann macht es Sinn, die Kosten neu zu errechnen und den Jugendlohn gemäss den Ausgaben anzupassen.

Wichtig: Eltern sollten den Jugendlichen beim Jugendlohn genügend Freiraum zum Experimentieren lassen. Ist ein Jugendlohn definiert, darf das Kind auch mal ruhig für ein Jahr damit wirtschaften. Danach kann ein Gespräch über das Auskommen mit dem festgelegten Betrag hilfreich sein, um zu ermitteln, ob der Betrag den Bedürfnissen tatsächlich entspricht.

Bei Familie Hafner im Kanton Luzern verdient der ältere Sohn als Lehrling 750 Franken im Monat, während der jüngere 300 Franken Jugendlohn bekommt. Welche Herausforderungen, Fragen und Diskussionen das mit sich bringt, ist in der Reportage über eine Familie zwischen Konsum und Sparsamkeit zu lesen.

Tipps für den Umgang mit dem Jugendlohn

  • Eltern sollten ihrem Kind Apps zeigen, mit denen es sein monatliches Budget planen kann.
  • Dem Kind sollte ein Jahr Zeit eingeräumt werden, um mit dem Jugendlohn zu wirtschaften. Nach dieser Phase ist ein Gespräch über den Betrag und die Bedürfnisse sinnvoll.
  • Es empfiehlt sich, die Höhe des Jugendlohns neu zu evaluieren, wenn sich die Bedürfnisse oder das Umfeld des Kindes ändern.

Mehr Informationen

Hilfreiche Tipps fürs Familienbudget bietet der Dachverband Budgetberatung Schweiz. Dieser bietet auch spezifische Informationen zu Kindern und Umgang mit Geld.

Weitere Tipps rund um das Thema Jugendlohn erfahren Eltern beim Verein Jugendlohn.