Volljährigkeit in der Schweiz: Rechte und Pflichten
Was mit der Volljährigkeit auf junge Erwachsene zukommt
Gil Waeger 5 Minuten

Endlich volljährig! Die Abhängigkeit der Eltern hinter sich lassen, eigene Entscheide treffen, die erste Wohnung mieten und die Welt auf eigene Faust entdecken – den 18. Geburtstag können viele Jugendliche kaum erwarten. Doch mit der Volljährigkeit kommen nicht nur Möglichkeiten auf junge Erwachsene zu, es erwarten sie auch Pflichten. Und auch für die Eltern ändert sich so einiges – gerade in finanzieller Hinsicht.

Wann ist man volljährig in der Schweiz?

Die Volljährigkeit – teilweise auch als Mündigkeit bezeichnet – erreicht man in der Schweiz mit dem 18. Geburtstag. Ab diesem Datum erhält man eine Reihe neuer Rechte, muss aber auch gewisse Pflichten wahrnehmen, wie beispielsweise das Ausfüllen der Steuererklärung. Das Schweizer Recht sieht vor, dass volljährige Menschen in der Lage sind, eigene Entscheidungen treffen zu können und voll dafür verantwortlich sind.

Begriffsdefinitionen: Volljährigkeit, Mündigkeit, Urteilsfähigkeit & Co.

Was bedeutet Volljährigkeit?

Volljährigkeit bezieht sich auf den rechtlichen Status einer Person, die das gesetzlich festgelegte Mindestalter erreicht hat, um als erwachsen angesehen zu werden. In der Schweiz liegt das Volljährigkeitsalter bei 18 Jahren.

Was versteht man unter der Rechtsfähigkeit?

Im Schweizer Recht werden verschiedene Fähigkeiten unterschieden. Während man die Volljährigkeit erst mit dem 18. Geburtstag erreicht, ist man beispielsweise von der Geburt an und bis zum Tod rechtsfähig. Rechtsfähigkeit bedeutet, dass jede Person als eigenständige rechtliche Einheit anerkannt wird und somit Träger von Rechten, aber auch von Pflichten sein kann

Wann ist jemand urteilsfähig?

Um urteilsfähig zu sein, muss man mögliche Konsequenzen des eigenen Handelns begreifen und fähig sein, sich entsprechend zu verhalten.

Wann ist man handlungsfähig?

Handlungsfähig sind alle volljährigen und urteilsfähigen Personen.

Volljährigkeit: Rechte und Pflichten

Dass man ab dem 18. Geburtstag mehr darf, aber auch muss, ist wohl allen bekannt und bewusst. Doch was heisst das in Bezug auf die Finanzen genau? Die wichtigsten Rechte und Pflichten für alle volljährigen Personen in der Schweiz:

Verträge abschliessen

Ob Arbeitsvertrag, Mietvertrag, Leasingvertrag oder Kaufvertrag – ab dem 18. Geburtstag können in der Schweiz alle handlungsfähigen Personen ohne die Einwilligung der Eltern einen Vertrag abschliessen. In einigen Fällen wird dafür die Kreditwürdigkeit – also wie viel Geld zur Verfügung steht – geprüft.

Abstimmen und Wählen

Alle volljährigen Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft können an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen. Ebenso können sie sich ab dem 18. Geburtstag zur Wahl stellen und politische Ämter übernehmen.

Steuern zahlen

Wer über ein regelmässiges Einkommen verfügt, muss alljährlich die Steuererklärung ausfüllen. Anschliessend wird anhand der Angaben berechnet, wie viel Steuern an Bund und Gemeinde zu bezahlen sind. Die eingenommenen Steuergelder dienen der Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen wie etwa Schulen oder dem Gesundheitswesen.

Auswandern

Ein One Way Ticket ans Meer – das ist ab dem 18. Geburtstag möglich. Denn mit der Volljährigkeit kann jede Person den eigenen Wohnort wählen. Dieser muss nicht zwingend in der Schweiz liegen.

Heiraten

Heiraten ist in der Schweiz mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs möglich. Für viele junge Erwachsene ist das aber eher früh: Männer heiraten in der Schweiz durchschnittlich mit etwa 32 Jahren, Frauen mit 30.

Elterliche Unterhaltspflicht entfällt

Auch für die Eltern ändert sich mit dem 18. Geburtstag ihrer Kinder einiges. Finanziell relevant ist beispielsweise, dass ab dann die elterliche Unterhaltspflicht entfällt. Hat das Kind bis dahin aber noch keine Ausbildung abgeschlossen, sind die Eltern weiterhin finanziell für den Nachwuchs verantwortlich – und zwar bis die Erstausbildung abgeschlossen ist.

Konkret bedeutet das: Sobald der erforderliche Abschluss für die Ausübung eines bestimmten Berufs erreicht wird, gilt die Erstausbildung als abgeschlossen. Das kann zum Beispiel ein Lehrabschluss oder aber auch ein Universitätsstudium sein. Die gymnasiale Matura gilt nicht als Erstausbildung, weil man damit nicht direkt einen Beruf ausüben kann. Je nach Ausbildung – beispielsweise bei einem Universitätsstudium – kann die Erstausbildung somit erst mehrere Jahre nach dem 18. Geburtstag abgeschlossen sein.

Kredite aufnehmen

Grundsätzlich ist es ab dem 18. Geburtstag erlaubt, Kredite aufzunehmen. Allerdings ist die Vergabe bis zum 25. Lebensjahr sehr streng geregelt, um die Gefahr einer Überschuldung bei jungen Erwachsenen zu verringern. Mögliche Einschränkungen sind erhöhte Zinsen oder eine Limite des Kreditbetrags.

Fürs Alter vorsorgen: in AHV und Säule 3a einzahlen

Beiträge an die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) müssen ab dem 1. Januar des Jahres, in dem man 18 wird, bezahlt werden. Bei Erwerbstätigen werden die Beiträge automatisch vom Lohn abgezogen.

Anders ist es für Nichterwerbstätige, Schülerinnen und Schüler sowie Studierende. Sie müssen erst ab dem 1. Januar nach dem 20. Geburtstag den Mindestbeitrag an die AHV bezahlen. Das ist wichtig, da es ansonsten zu Rentenlücken nach der Pensionierung kommen kann.

Wer in der Schweiz ein AHV-pflichtiges Einkommen verdient, kann in die dritte Säule einzahlen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen legt den Maximalbeitrag jedes Jahr neu fest. Einzahlungen in die dritte Säule können von den Steuern abgezogen werden. Es lohnt sich, bereits früh auch mit kleinen Beträgen mit der privaten Altersvorsorge anzufangen.

Geld anlegen

Selbstständiges Anlegen ist ab 18 möglich. Geld anlegen und sich damit auseinandersetzen ist zwar auch in jüngeren Jahren schon möglich; für eine Depoteröffnung oder Ähnliches braucht es bis zum 18. Geburtstag aber die Einwilligung der Eltern. Anlagen können somit bereits in jungen Jahren interessant sein, besonders dann, wenn auf ein bestimmtes Ziel hin gespart wird. Allerdings sollte man sich den Risiken der Anlage genau bewusst sein, bevor man das eigene Geld investiert.

Autofahren

Die Fahrprüfung für Auto, Motorrad und Lastwagen darf erst nach dem 18. Geburtstag absolviert werden. Seit 2021 können Personen in der Schweiz jedoch bereits mit 17 Jahren den Fahrausweis beantragen und in Begleitung einer erwachsenen Person Auto fahren.

Gut zu wissen: Wird der Lernfahrausweis vor dem 20. Altersjahr erworben, müssen Neulenkerinnen und Neulenker seit 2021 ebenfalls eine Lernphase von zwölf Monaten durchlaufen, bevor sie die praktische Fahrprüfung antreten dürfen.

Militärdienst leisten

Für junge Schweizer Männer gilt die allgemeine Wehrpflicht. Wer aus gesundheitlichen oder anderen Gründen keinen Militärdienst leisten kann, muss stattdessen Zivilschutz oder Zivildienst leisten. Allerdings wird dann die sogenannte Wehrpflichtersatzabgabe fällig. Diese beträgt 3 Prozent des jährlichen steuerbaren Einkommens, mindestens aber 400 Franken pro Jahr – und dies bis Ende der Dienstpflicht, also bis man 37 Jahre alt ist. Für Frauen ist der Dienst freiwillig.

Erbe selber verwalten

Wenn Minderjährige erben, steht ihnen das Erbe zwar zu, allerdings sind die Eltern oder die gesetzliche Vertretung für deren Verwaltung zuständig. Es darf aber nur in speziellen Fällen und nur für das Wohl der erbberechtigten Person verwendet werden.

Mit dem 18. Geburtstag haben die Kinder dann Zugriff auf das Erbe und können es eigenständig verwalten.