Die Verteilung des Vermögens nach einem Todesfall kann sehr komplex sein. Umso wichtiger ist es, bereits zu Lebzeiten die wichtigsten Fragen beantworten zu können: Wer ist erbberechtigt? Wen soll man im Erbe berücksichtigen? Kann man das Vermögen bereits zu Lebzeiten vererben? Und was passiert, wenn Minderjährige etwas vererbt bekommen?
Erbrecht: Rechte und Pflichten
Das Vermögen einer Person geht nach dem Tod an die Hinterbliebenen über. Ohne individuelle Bestimmungen wird der Nachlass auf die gesetzlichen Erbinnen und Erben gemäss der Erbfolge aufgeteilt. Mit einem Testament oder Erbvertrag können Erblasser und Erblasserinnen freier bestimmen, wer ihr Vermögen erhält. Die gesetzlichen Pflichtteile müssen aber eingehalten werden.
Was gehört alles zum Erbe?
Das Erbe wird auch als Nachlass bezeichnet. Darunter fallen unter anderem Erspartes, Immobilien wie auch Aktien. Auch wertvolle Gegenstände wie Schmuck oder Kunst können dazu zählen.
Was ist der gesetzliche Pflichtteil?
Seit 2023 ist das neue Erbrecht in Kraft. Dabei wurden die Pflichtteile angepasst resp. für einige Angehörige ganz gestrichen.
Der gesetzliche Pflichtteil schützt Ehepartner und direkte Nachkommen im Erbfall. Sie können nicht komplett enterbt werden, sondern haben immer Anspruch auf mindestens die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils.
Der einzige Weg, die Pflichtteile zu umgehen, ist, wenn eine berechtige Person im Erbvertrag einem Erbverzicht zustimmt. Diese Regelung kann anschliessend nur mit dem Einverständnis aller Vertragsparteien wieder aufgehoben werden.
Pflichtteile – ein Beispiel:
Nach dem Tod eines Elternteils sehen die gesetzlichen Erbteile folgende Verteilung vor. Der andere Elternteil erhält 50 % des Erbes, die Kinder gemeinsam die restlichen 50 %. Die Hälfte dieser Erbteile ist geschützt – das sind die Pflichtteile. Das heisst, die Kinder und der Elternteil dürfen nicht weniger als je 25 % des Vermögens erhalten.
Die restlichen 50 % sind die sogenannte freie Quote. Diese kann mit einem Testament oder Erbvertrag frei verteilt werden. Beispielsweise um dem Partner oder der Partnerin einen grösseren Anteil des Erbes zu vermachen oder um weitere Personen oder Organisationen zu berücksichtigen.
Was ist die gesetzliche Erbfolge?
Ohne individuelle Regelung greift die gesetzliche Erbfolge. Das bedeutet, dass zunächst nur die gesetzlichen Partner und die direkten Nachkommen erbberechtigt sind. Sie bilden den sogenannten ersten Stamm. Nur, wenn im ersten Stamm keine Erben oder Erbinnen vorhanden sind, geht das Erbe an die weitere Verwandtschaft.
Was ist ein Erbvorbezug?
Vermacht ein Erblasser oder eine Erblasserin noch zu Lebzeiten einen Teil des Vermögens an den Nachwuchs, spricht man von einem Erbvorbezug. Einmal vermacht, kann man diese vorzeitige Vererbung nicht mehr zurückfordern.
Der Vorbezug ist eine Vorauszahlung des künftigen Erbanspruchs und darf die Pflichtteile der anderen Erbberechtigten nicht verletzen. Das unterscheidet einen Erbvorbezug von einer Schenkung.
Ohne individuelle Regelung greift die gesetzliche Erbfolge. Das bedeutet, dass zunächst nur die gesetzlichen Partner und die direkten Nachkommen erbberechtigt sind.
Wem gehört das Erbe?
Auch Minderjährige können erben. Das ist sowohl der Fall, wenn ein Elternteil stirbt, als auch wenn sie per Testament berücksichtigt werden.
Bei minderjährigen Kindern wird das Erbe dem Kindesvermögen zugerechnet. Die Eltern oder die gesetzliche Vertretung müssen dieses in ihrer Steuererklärung deklarieren. Sie sind zudem verpflichtet, das Erbe sicher zu verwalten, bis der Erbe oder die Erbin 18 Jahre alt ist. Das Vermögen darf nur in wenigen Ausnahmefällen, wie für die Ausbildung des Kindes, von den Eltern verwendet werden.
Wann kann man ein Erbe ausschlagen?
Ein Erbe muss nicht angenommen werden. Hat der Erblasser oder die Erblasserin beim Tod beispielsweise Schulden, kann es ratsam sein, das Erbe auszuschlagen. Allerdings gibt es dafür eine Frist. Wird das Erbe nicht innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe des Todes abgelehnt, werden auch allfällige Schulden vererbt.
Tipps zur Planung von Erbschaftsfragen
- Bei Minderjährigen ist die gesetzliche Vertretung – also die Eltern oder der Beistand – für die Verwaltung des Erbes zuständig. Die Ernennung des Beistands geschieht über die KESB. Wenn ein Elternteil stirbt, wird ebenfalls eine Beistandschaft in die Wege geleitet, da es zu einem Interessenkonflikt kommen kann, wenn sich der hinterbliebene Elternteil um das Erbe kümmert.
- Wenn Minderjährige erben, liegt die Verwaltung dessen bis zum 18. Geburtstag bei der gesetzlichen Vertretung. Es darf allerdings nicht respektive nur begrenzt eingesetzt werden. Beispielsweise für die Ausbildung.
- Erbthemen sind sehr oft mit Emotionen verbunden. Eine frühzeitige Planung und offene Kommunikation können Konflikte im Voraus verhindern oder entschärfen.
- Ist ein Grossteil des Vermögens gebunden, beispielsweise im Eigenheim, kann die gesetzliche Erbteilung einen Verkauf nötig machen. In solchen Fällen ist es zentral, die Verhältnisse zu Lebzeiten zu klären.
- Beachten Sie bitte, dass grundsätzlich fast alle Kantone eine Erbschaftssteuer kennen. Allerdings sind gesetzliche Partner und direkte Nachkommen in der Regel davon befreit. Sie müssen das Erbe lediglich als Vermögen versteuern.