Mit Geld umgehen? Das muss erlernt werden, sagt Sandra Wey, diplomierte Sozialpädagogin und Präsidentin der Jugend-, Ehe-, und Familienberatung im Kanton Aargau. Wie Eltern ihren Kindern den Umgang mit Geld beibringen und warum regelmässig über Geld sprechen dabei zentral ist, erklärt die Expertin im Interview.
Sandra Wey, in unserer Gesellschaft wird Geld nur selten offen thematisiert. Warum sollten aber gerade Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen?
Geld spielt in unserem Leben eine wichtige Rolle. Doch vor allem jüngere Kinder können noch nicht verstehen, woher das Geld kommt und dass es eine begrenzte Ressource darstellt. Indem Eltern ihren Kindern erklären, dass es manchmal Geduld braucht, bis man genug Geld hat, um sich einen Wunsch zu erfüllen, lernen sie, sich zurückzunehmen und ihre Impulse zu regulieren.
Wann spricht man das Thema Geld am besten an?
Im Familienalltag bieten sich zahlreiche Gesprächsmöglichkeiten, einen sorgfältigen Umgang mit Geld zu vermitteln. Am besten dann, wenn das Geld sichtbar oder Teil einer Entscheidung ist – zum Beispiel beim Einkaufen im Supermarkt oder bei der Anschaffung eines Handys.
Wie wichtig ist es für die Kinder und ihren Umgang mit Geld, dass solche Gespräche stattfinden?
In unserer heutigen Gesellschaft kommen Kinder früh mit dem Thema Geld in Berührung. Bereits in einem jungen Alter beobachten sie, wie ihre Eltern an der Kasse mit Bargeld oder einer Kreditkarte bezahlen. Im Austausch mit Freunden über Ferienerlebnisse, Kleidung oder Geburtstagsgeschenke nehmen Kinder unterschiedliche finanzielle Ressourcen der einzelnen Familien wahr. Warum es diese Unterschiede gibt, ist für Kinder häufig nicht nachvollziehbar.
«Im Familienalltag bieten sich zahlreiche Gesprächsmöglichkeiten, einen sorgfältigen Umgang mit Geld zu vermitteln.»
Sandra Wey, Präsidentin der Jugend-, Ehe-, und Familienberatung im Kanton Aargau
Wie sollen Eltern mit dieser Situation umgehen?
Es ist wichtig, den Kindern im Gespräch die Unterschiede zu erläutern und ihnen dadurch zu einem besseren Verständnis für begrenzte finanzielle Möglichkeiten, sei es in der eigenen Familie oder in den Familien von Freunden, zu verhelfen. Solche Gespräche bereiten heranwachsende Kinder auf die Konsumwelt vor. Und unterstützen sie, einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu erlernen.
Ab welchem Alter ist es sinnvoll, sich mit den Kindern über Finanzen zu unterhalten?
Ab dem Alter von vier Jahren können Kinder argumentativ verstehen, dass man manchmal warten muss, bis man etwas haben kann. Mit ungefähr sieben Jahren lernen sie in der Schule die Bedeutungen und das Rechnen mit unterschiedlichen Wertigkeiten wie Scheinen und Münzen. Die haptische Erfahrung der Münzen und Scheine kann dabei unterstützend wirken.
Wie wirkt sich das auf ihr Verständnis für Geld aus?
Kinder können in diesem Alter erste eigene kleine Entscheidungen in Bezug auf Geld treffen. Spare ich mein Sackgeld oder gebe ich es aus? Und sie sind in der Lage, diese Entscheidungen mit den Eltern zu besprechen.
Sollten solche Gespräche regelmässig stattfinden?
Eltern sollten sich generell oft Zeit für Gespräche mit ihren Kindern nehmen. Dadurch signalisieren sie ihnen: «Du bist mir wichtig, ich interessiere mich für dich». Nebst anderen Lebensthemen sollte auch das Thema Geld regelmässig zur Sprache kommen und den Kindern mit praktischen Beispielen aus dem Familienalltag veranschaulicht werden.
«Eltern sollten sich oft Zeit für Gespräche mit ihren Kindern nehmen.»
Sandra Wey, Präsidentin der Jugend-, Ehe-, und Familienberatung im Kanton Aargau
Wie verändern sich diese Gespräche mit zunehmendem Alter des Kindes?
Vom anfänglichen Verstehen des Konzeptes Geld bis hin zu Fragen zu Verträgen, Budgets, Steuern und Versicherungen gilt es in den Gesprächen ein breites Themenspektrum abzudecken.
Wie schaffen die Eltern Vertrauen beim Kind, sodass die Gespräche nicht belehrend wirken?
Gespräche mit Kindern führen meist nicht nur beim Kind zum Nachdenken, sondern laden auch die Eltern dazu ein, Sachverhalte aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und von ihren Kindern zu lernen. Wichtig ist, dass die Eltern das, was sie vom Kind erwarten, auch selbst vorleben.
Zur Person
Die diplomierte Sozialpädagogin Sandra Wey ist Präsidentin der Jugend- Ehe- und Familienberatung (JEFB) des Kantons Aargau und der Jugend- und Familienberatung Laufenburg.